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Alexander von Wyttenbach:
Die Vernunft als Untertan des Unbewussten


Kapitel 7
Angst und Gruppenverhalten

ie bereits angesprochene Urangst als eine Komponente der Interaktion zwischen einzelnen Menschen ist ein Phänomen, das wegen seiner Bedeutung für die Gesellschaft und ihre Ge­schichte eine nähere Untersuchung verdient: Eine Gesellschafts­struktur ist nur dank dieser Urangst überhaupt möglich. Sie ist eine Angst, die dem Menschen durch das Wissen um seinen Tod bewußt wurde.

In der Tierwelt ist Angst eine allgegenwärtige Erscheinung, nicht nur gegenüber den Naturereignissen oder dem Freßfeind, sondern auch gegenüber dem stärkeren Artgenossen, dem Rivalen, was wiederum auf die erwähnte Ungleichheit unter den verschiede­nen Individuen jeder Art sowie den agonalen Instinkt zurückzuführ­en ist.

Diese Urangst ist eine Notwendigkeit, denn sie dient dem Über­leben. Gegen diese Urangst haben Tiere und Menschen ein speziel­les Verhalten entwickelt, das Gruppenverhalten, sie vereinigen sich in Gruppen: Bei Tieren sind es die Herde, Rudel, Meute, Schwarm — beim Menschen ursprünglich die Volksstämme. Der Angst wird da­durch begegnet, daß sich die einzelnen Mitglieder dieser Grup­pen kennen, wodurch das Verhalten der Artgenossen voraussehbar wird. Das instinktive Mißtrauen kann abgebaut werden. Das Ge­fühl der Sicherheit und des Schutzes wird durch die Möglichkeit einer bes­seren Verteidigung der Gruppe gegenüber den gemeinsa­men Fein­den oder Angreifern verstärkt.

Damit diese Gruppen ihre Funktion erfüllen können, bedürfen sie einer inneren Ordnung und diese wird durch den Instinkt der agonalen Aggression im Wettbewerb unter den einzelnen Individu­en hergestellt. Die Urangst ist die Grundlage der Macht, die diese Ordnung erst ermöglicht. Dieses agonale Verhalten kann ritualisiert werden, womit es Sieger gibt, ohne daß die Verlierer zu Schaden kommen müssen. In den demokratischen Staatsformen stellen die Wahlen ein solcher agonalen Wettbewerb dar.

Im Tierreich kann die Wahl des Leittiers durchaus auf friedli­chem Weg stattfinden. In Südafrika wurden bei Elefanten, bei de­nen bekanntlich die Kuh das Leittier ist, derartige Beobachtungen gemacht. Von einem Reservat wurden überzählige Jungelefanten in ein anderes Reservat ausgesetzt und über zwei Jahre genau beob­achtet. Nach einer kurzen Zeit der Orientierungslosigkeit konnte recht bald eine junge Kuh als eindeutiges Leittier identifiziert wer­den, die die Führung des sich bildenden neuen Rudels übernom­men hatte, ohne daß die Beobachter eine kämpferische Auseinan­dersetzung, also ein agonales Verhalten hätten beobachten können. Nach welchen Kriterien diese Führungsposition erreicht wurde, blieb bis heute unbekannt. Deut­lich wurde hingegen bei dieser Be­obachtung, daß eine Rangord­nung in einer Tiergruppe einer natürli­chen Notwendigkeit ent­spricht.

In der Gruppe gilt aber ein weiteres Gesetz, das es besonders hervorzuheben gilt und das bei Primaten sehr gut dokumentiert wurde: Sie erzeugt einen Normierungsdruck. Die einzelnen Tiere müssen ihr Verhalten der Gruppe anpassen — eine Anpassung, die der Effizienz der Gruppe im Überlebenskampf in der Natur dient. Unter den Mitgliedern der Tiergruppe besteht auch eine natürliche Bereitschaft sich anzupassen. Tiere, die sich nicht konform verhal­ten, werden ausgestoßen und gehen oft in den Tod.

Diese Beob­achtungen bei den Tieren lassen vier Schlüsse zu:

   alle Tiere sind dem Gefühl der Angst ausgesetzt;
   auf diese Angst reagie­ren viele Tierarten, indem sie sich in Gruppen vereinigen;
   in je­der Gruppe herrscht eine Rangordnung unter den einzel­nen Mit­glieder;
   in der Gruppe entsteht ein Normierungsdruck auf die Mit­glieder, es herrscht der Herdentrieb.

Vom Stamm zum Volk

Der dieser Urangst aus­gesetzte Mensch reagierte stammesge­schichtlich genau gleich wie die Tiere: Er verbindet sich in einer Ge­meinschaft.

Dieses Phänomen kann seit Urzeiten der Menschen beobachtet werden: Die Zellen der menschlichen Gemeinschaft waren die Fa­milie, die Sippe und der Stamm, in denen die angstabbauenden Mechanismen zum Tragen kamen. Die Vorhersehbarkeit des Ver­haltens der Mitglieder förderte ihr Sicherheitsgefühl. Dabei spielt der Normierungsdruck in der Gemeinschaft eine große Rolle für ihren Zusammenhalt wer sich nicht normgerecht verhält, der Au­ßenseiter, wird automatisch als eine Störung oder gar Bedrohung für den Gruppen­zusammenhalt empfunden. Da dieses Verhaltens­muster stammesgeschichtlich verankert ist, wirkt es beim Men­schen in unserer modernen Zivilisation weiter.

Das Prinzip der Notwendigkeit und die im Vergleich zu heute geringe Mobilität hat dazu geführt, daß die Urvölker lange Zeit zu­sammengelebt haben und in ihrer Evolution unbewußt eigene nor­mative Gesetze entwickelt haben, die das Zusammenleben regel­ten. Die Völker sind in ihrem Ursprung als Reaktion auf die Urangst entsprechend ihrem stammes­geschichtlichen Gruppen­ver­halten entstanden und haben Kulturen mit ihren normativen Geset­zen des Zusammenlebens und Religionen als Ausdruck der unbe­wußten, kollektiven Archetypen entwickelt, die den Zusammenhalt geför­dert und es dem einzelnen ermöglicht haben, sich mit dem ei­genen Volk zu identifizieren. Die durch die Kultur geschaffene Sprache als Mittel der Verständigung diente auf der einen Seite dem Zusam­menhalt und wirkte auf der anderen als Abgrenzung ge­genüber anderen Gemeinschaften. Die Notwendigkeit einer Ord­nung innerhalb der Gruppe hat zur Bildung von sozialen und politi­schen Strukturen geführt. Es konnte dabei nicht ausbleiben, daß der einer Gruppe inhärente Normierungs­druck zu einer akzeptier­ten Einschränkung der Freiheit des einzelnen zugunsten der Gemein­schaft führen mußte, der Preis fürs Gemeinwohl und die Lin­derung der Urangst.

Damit die Gemeinschaft ihre Funktion als Mittel gegen die Urangst und als Identifikations­objekt erfüllen kann, sind einige Voraussetzungen notwendig, eine wichtige davon ist die Über­schaubarkeit. Gemäß Eibl-Eibesfeldt umfaßte eine Sippe bei Ur­völkern optimal etwa 150 bis 200 Individuen. Überschaubar mußte aber auch das Gebiet bleiben, auf dem sie lebten, damit dessen na­türliche Ressourcen und auch die Überlebens­gefahren der Grup­pe bekannt sein konnten. Volkssinn und Territorium sind daher un­trennbar.

Vom Volk zur Nation

Durch die Zunahme der Bevölkerungsdichte auf unserem Plane­ten und mit dem Übergang vom Nomadentum zur Seßhaftigkeit haben sich einzelne Sippen zu Stämmen vereinigt, deren Zusammenset­zung in Frühzeiten durch geographische Gegebenheiten, zum Bei­spiel die Verfügbarkeit von Wasser und Nahrung, diktiert wur­de. Die wachsende Mobilität dank dem Zivilisationsprozeß hat zur pro­gressiven Erweiterung des überschaubaren Territoriums und zuneh­menden Kontakten mit Nachbarstämmen geführt, eine Entwick­lung, die von Kämpfen, aber auch von Zusammenschlüssen von Stämmen begleitet war, und zur Bildung der Völker führte. Die Entwicklung seitens der Völker von verbindenden Sprachen, Reli­gionen, Kulturen und von allgemein akzeptierten Verhaltensregeln des Zusammenlebens hat mit der Zeit die Entstehung größerer Ge­meinschaften erlaubt; es entstanden neue komplexere soziale Strukturen.

Die Identifikation mit der Gemeinschaft wird durch die Religio­nen und die Verehrung von Symbolen wie der Fahne der eigenen Gemeinschaft versinnbildlicht. Damit wird deutlich, daß die menschliche Gesellschaft, wie sie sich in der Geschichte bis heute entwickelt hat, nicht nur auf stammesgeschichtlich angeborene Kräfte zurückzuführen ist, sondern auch ein Produkt der kulturel­len Evolution darstellt.

Das Wissen über die angeborenen Muster des instinktiven Gruppenverhaltens bleibt aber für den zivilisierten Menschen wei­terhin außerordentlich wichtig, denn diese können von der Kultur nicht außer Kraft gesetzt werden und bestehen weiter in Wechsel­wirkung mit den übrigen Ebenen des menschlichen Seins, dem kol­lektiven Unbewußten und der Vernunft. Alle von der Vernunft vor­geschlagenen Lösungen der Gesellschaftsprobleme, die neben dem kollektiven Unbewußten nicht auch diese stammesgeschichtlichen, mit der Angst verbundenen Verhaltensmuster einbeziehen, blei­ben Utopie und sind zum Scheitern verurteilt. Anders sind gewisse sich in der Geschichte wiederholende Fehlentwicklungen der Mensch­heit nicht zu erklären.

Nur wenn der Menschheit dieses Verhaltensmuster bewußt wird und von der Vernunft in die Vorschläge für eine politische Lö­sung der Gesellschaftsprobleme mitberücksichtigt wird, besteht eine rea­le Hoffnung auf eine Besserung des Zusammenlebens.

Die Vernachlässigung der Völkerrechte

Von Stamm und Volk mit seinem Revier oder Territorium ausge­hend, hat die kulturelle Evolution der Menschen zur Entstehung der Nationen geführt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wie auch nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Totalitaris­mus im Jahr 1989, beobachtet die Welt unzählige, zum Teil grausa­me lokale sogenannte „Freiheitskriege“. Dabei fällt auf, daß zwar alle Völker nach Freiheit rufen; sie meinen jedoch damit weit mehr die Unabhängigkeit des eigenen Volkes als die freien demokratischen Rechte des Einzelnen — sie ordnen die individuelle Freiheit unter die Unabhängigkeit der eigenen Volksgemeinschaft, eine Tatsache, die der rationalen Weltanschauung der westlichen offenen Gesell­schaften fremd ist und nicht die Beachtung genießt, die sie ver­dient.

Dieser unbewußte Drang, die Sehnsucht nach der Unabhängig­keit eines Volkes, das Schicksal der eigenen Gemeinschaft selber in die Hand zu nehmen, wurde im Mythos von Wilhelm Tell sinnbild­lich dargestellt, der, wie alle Mythen, aus dem kollektiven Unbe­wußten schöpft. Es ist somit als ein fundamentaler Denkfehler der internationalen Organisationen zu bezeichnen, wenn sie sich wie zum Beispiel die Vereinten Nationen unter Verkennung des ange­borenen menschlichen Gruppenverhaltens schwergewichtig für die Men­schenrechte des einzelnen einsetzen, bevor sie die Rechte der Völ­ker als ethnisch-kulturelle und religiöse Gemeinschaften garan­tieren. Die Menschenrechte als normative Gesetze des Zusammen­lebens können sich nur als Produkt der zivilisatorischen Evolution innerhalb völkerrechtlich anerkannten Gemeinschaften entwickeln. Ohne diese Voraussetzung ist das Ziel der Achtung der Menschen­rechte kaum zu erreichen und bleibt Utopie. Evolutionsgeschicht­lich betrachtet kommen die Rechte der Grup­pe vor den Rechten des einzelnen.

Die Ursachen der Tatsache, daß zwar die Verteidigung der Rechte des einzelnen Menschen Gegenstand engagierter internatio­naler politischer Anstrengungen sind, wogegen die Einhaltung des Prinzips der Rechte der Völker wenig beachtet wird, hat vielfältige, vor allem machtpolitische Gründe, so die Sicherung und der Zu­gang zu Ressourcen.

Ein historisch interessantes Kapitel der Vergangenheit war die Kochsalzversorgung der Völker, in der modernen Industriegesell­schaft spielen andere Rohstoffe wie das Öl eine ähnliche macht­politische Rolle. Der Kampf um derartige Ressourcen stellt kon­krete, heute noch politisch un­überwindbare Hürden dar, da sie das bestehende Machtgefüge stö­ren. So sind viele moderne Nationen Völkergemeinschaften, die vor allem aus machtpolitischen Kon­stellationen hervorgegangen sind und nicht immer die ethnisch-kulturellen Gegebenheiten der Völker widerspiegeln.

Viele europäische Nationen hatten oder haben ein unterschwel­liges oder offenes, oft mit brutaler Ge­walt einhergehendes Minder­heitenproblem, man den­ke an das Baskenland, an Nordirland, an Korsika, oder an die Minderheiten in den Nachfolgestaaten der nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg zerschlagenen Länder, als Beispiel unter vielen Un­garn in Rumänien und der Slowakei oder Russen in der Ukraine.

Die Fokussierung auf das ethisch höchste Prinzip der Men­schenrechte erlaubt es, das machtpolitische Problem der Völker­rechte auszuklammern, doch damit ist eine doppelte Moral vorpro­grammiert: Man möchte den Pelz waschen, ohne ihn naß zu ma­chen. Damit sollen die Verdienste der Menschenrechtler, wie zum Beispiel Amnesty International, nicht geringgeschätzt werden, im Gegen­teil. Sie haben nicht nur vielen leidenden Menschen gehol­fen, son­dern sie üben trotz allem auch einen politischen Druck aus, der mit der Zeit auf die politischen Machtstrukturen Einfluß haben kann. Wichtig ist nur zu wissen, daß die erste Priorität zur Lösung des Problems der Menschenrechte eigentlich bei der Sicherung der Völkerrechte liegen müßte, umso mehr, als die meisten Menschen­rechtsverletzungen im Zusammenhang mit den „Freiheitskämpfen“ der Völker stehen.

Falls es den Vereinten Natio­nen gelingen würde, die Völker­rechte neben den Menschenrechten verbindlich zu verankern, wäre dies für die Menschheit der größte Fortschritt und die beste Voraus­setzung zur Vermehrung der offe­nen Gesellschaften. Es muß aller­dings sofort betont werden, daß solche Evolutionen lange histori­sche Zeitspannen erfordern und nicht erzwungen werden können. Es ist unrealistisch, wenn die offenen Gesellschaften des Westens meinen, afrikanische Völker könnten sich über Nacht und ohne Zwischenstufen von einer Stam­mesgesellschaft zu einer modernen demokratischen Gemeinschaft wandeln.

Die Xenophobie

Das Minderheitenproblem innerhalb der entwickelten Gesellschaf­ten führt uns unmittelbar zum Problem der Xenophobie, das nicht nur historische Wurzeln hat, sondern durch die massive Zuwande­rung in letzter Zeit in Europa beson­ders akut geworden ist.

Es ist wichtig hervorzuheben, daß dieses Wort aus dem Griechi­schen übersetzt, Scheu (oder Angst) vor Fremden bedeutet und nicht, wie heute oft fehlgedeutet, Fremdenhaß und Rassismus.

Wir haben bereits diskutiert, daß das Gruppenverhalten einer angeborenen Reaktion zur Linderung der Urangst entspricht und daß der Mensch sich mit der eigenen Grup­pe (Sippe, Stamm oder Volk) mit seiner Sprache, Kultur und Reli­gion identifiziert.

Eibl-Eibesfeldt hat dar­auf hingewiesen, daß unser Pla­net aus­schließlich diesem angebo­renen Verhaltensmuster der Ab­grenzung der einzelnen Ethnien — mit den von ihnen hervorge­brachten Reli­gionen und Kulturen — eine wunderbare Vielfalt ver­dankt. Da es sich um ein natürliches Triebverhalten handelt, darf es als solches moralisch nicht verur­teilt werden, es muß verstanden und respek­tiert werden, denn nur unter dieser Voraussetzung wird es möglich sein, diesbezügliche Konflikte in den modernen Gesell­schaften vernünftig und langfris­tig zu vermeiden. Mit Sicherheit ist es mit moralischen Appellen oder Gesetzen allein nicht zu bewälti­gen.

Wenn die Zuwanderung von Menschen fremder Rassen und Kulturen in zivilisierte Länder zahlenmäßig gering bleibt, unterlie­gen die Einwanderer dem Normierungsdruck der einheimischen Bevölkerungsgruppe und integrieren sich relativ rasch, die zweite Generation wird schon assimiliert sein.

Ganz andere Probleme er­geben sich, wenn die Zahl der Zuwan­derer stark zunimmt, denn dann werden sie sich, dem angeborenen angstbedingten Verhaltens­muster der Gruppe folgend, in Gemein­schaften zusammentun und sich gegenüber der autochthonen Ge­sellschaft abgrenzen, um ihre mitgebrachte Kultur, Religion und Weltanschauung zu verteidigen. Damit sind sozia­le Spannungen und Konflikte mit den Einheimi­schen vorprogram­miert.

Weil die Identifikation der Gruppen eng mit dem Territorialprin­zip verbunden ist, vollziehen diese Einwanderer, wenn sie sich in städtischen Quartieren oder in größeren Gemeinschaften niederlas­sen, de facto eine friedliche Gebietseroberung zulasten der einhei­mischen Bevölkerung, eine Sachverhalt, auf den Eibl-Eibes­feldt aufmerksam gemacht hat und der politisch viel zu wenig wahrge­nommen wird.

Ein friedliches Zusammenleben und freund­schaftliche Bezie­hungen unter sehr unterschiedlichen Völkergrup­pen sind möglich, aber nur dann nebeneinander erreichbar, wenn das geographische Gebiet genügend Lebensraum bietet, um die konfliktreichen Aus­wirkungen des Territorialinstinktes zu minimieren; im dicht bevöl­kerten Europa ist dies extrem schwierig oder gar unmöglich.

Es gilt dabei zu bedenken, daß der stammesgeschichtlich ange­borene Mechanismus des Normierungsdrucks innerhalb der Ge­meinschaft der Einwanderer besonders stark ausgeprägt ist und ge­gen den Normierungsdruck der mehrheitlichen Gesellschaft des Gastgeberlandes großen Widerstand leisten kann, was zur „Gettoi­sierung“ führt.

Es wird oft behauptet, daß die Zuwanderung aus fremden Kul­turen eine Bereicherung darstellt. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn sich die Einwanderer assimilieren, das heißt, wenn es zur Verschmelzung dieser Kulturen kommt. Eine alleinige Integrierung unter Wahrung der eigenen Kulturen und Traditionen stellt nicht eine Bereicherung, sondern eine soziale Gefahr dar.

Als 2008 ein türkischer Ministerpräsident in einer öffentlichen Rede in Deutschland behauptet, daß eine Integration der türki­schen Einwanderer wünschenswert sei, eine Assimilation dagegen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wirkte das wie eine Zeit­bombe.

Die mit der massiven Einwanderung auftretenden Pro­bleme in Verkennung dieser Tatsachen nach unseren „morali­schen“ Prinzipi­en lösen zu wollen, ist schlichtweg unmöglich und somit als politisch verantwortungslos zu bezeichnen.

Zur Xenophobie trägt eine weitere, konkrete Tatsache bei, die von der Political correctness völlig verdrängt wird. In Westeuropa ist ohne jeden Zweifel festzustellen, daß unter Einwanderern aus fremden Kulturen die Rate von Kriminalität und Gewalt besonders hoch und Tötungsdelikte sehr häufig sind. Es wäre falsch daraus den moralischen Schluß zu ziehen, Ausländer seien samt und son­ders besonders böse Menschen.

Die Deutung des Phänomens ist eine vollkommen andere. In fremden Völkern und Kulturen herrschen völ­lig andere ethische, normative Gesetze des Zusammenlebens; die Gewalt in einem Land ohne rechtsstaatliche Garantien kann ei­ner notwendigen Überlebensstrategie entsprechen und somit einen anderen morali­schen Stellenwert einnehmen. Auch sind Rechtsprechung und Rechtsempfinden anders — zum Beispiel in den Ländern vieler isla­mischer Völker.

Der Rassismus

Weil die Begriffe Xenophobie und Rassismus irrtümlicherweise oft verwechselt oder gleichgestellt werden und Rassismus aus histori­schen Gründen heute ein Reizwort darstellt, ist eine Klärung der Be­griffe an dieser Stelle notwendig. Der Rassismus erhält inso­fern eine andere ethische Dimension, als er nicht auf ein angebore­nes Verhaltensmuster zurückzuführen, sondern vorwiegend ein (negati­ves) kulturelles Produkt ist.

Falls im Tierreich nicht eine Revierkonkurrenz um die Nahrung besteht, ist unter den verschiedenen Rassen einer selben Art kein Antagonismus zu beobachten, Hunde verschiedener Rassen können problemlos friedlich zusammenleben, instinktiver Haß besteht nur zwischen Hund und Katze.

Von echtem Rassismus muß dann zu Recht gesprochen wer­den, wenn Menschen, die in einer Gemeinschaft seit langer Zeit voll as­similiert sind, wegen ihrer Rassenzugehörigkeit diskrimi­niert und gehaßt werden, ein Phänomen, das in Nazideutschland und mit der Apartheid in Südafrika und anderswo auf tragische Art zum Tragen gekommen ist. Das wesentliche Problem der Einwanderung von Menschen an­derer Kulturen und Rassen nach Europa ist vor allem die Xeno­phobie — und nicht der Rassismus.

Bereits die Feststellung oder die Aussage, daß es unter den menschlichen Rassen wesentli­che Unterschiede gibt, gilt heute aus rein ideologischen Gründen bereits als Rassismus, was irrig und unsinnig ist.

Es ist unbestreit­bar, daß Menschen verschiedener Rassen mit unterschiedlichen Begabungen, Vorlieben, Fähigkeiten und Kultu­ren, mit einem an­deren kollektiven Unbewußten ausge­stattet sind. So sind Schwarzafrikaner besonders musisch begabt, sei es nun für rhyth­mische Musik oder bildende Künste, neigen je­doch weniger zum logischen Denken und zur Mathematik, eine Konstellation, die sie beruflich und wirtschaftlich in der heutigen Welt benachteiligt, da die unsere Wirtschaftsformen vor allem Techniker und Inge­nieure benötigen.

Ein anderes Beispiel ist die Begabung der Chinesen für den Handel, der in vielen Ländern, zum Beispiel in Indonesien, fest in chinesischer Hand liegt.

Wesentlich ist, daß die Feststellung sol­cher Unter­schiede nicht dazu verleiten darf, aus ihnen auch auf Un­terschiede in der menschlichen Würde zu schließen. Der große Feh­ler der weißen Europäer in der Kolonialpolitik ist darin zu su­chen, daß sie die üb­rigen Rassen nach dem eigenen Maßstab beur­teilt und die weiße Kultur und Lebensweise als die alleingültige und seligmachende betrachtet haben.

Diese Arroganz erzeugt nicht nur Ressentiments gegenüber un­serer Rasse und Kultur, sondern hat auch zur Folge, daß die Ent­wicklungshilfe den Eigenschaften der Empfänger nicht angepaßt wird. Gerade das ideologische Hochspielen des Begriffes der Ras­sendiskriminierung ist ein Hin­dernis für eine wirksamere Entwick­lungshilfe.


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Alexander von Wytten­bach: Die Ver­nunft als Unter­tan des Un­bewuss­ten. Be­trach­tungen, her­aus­gegeben und mit einem Ge­leit­wort ver­sehen von Peter A. Rinck.
135 Seiten; €14,90 [DE]
BoD Norderstedt.
ISBN 978-3-7357-4122-6


Inhalt

Vorstellung

Geleitwort
Vorwort

Aphorismen

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14

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